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Abstieg nach Kandersteg

Über das Wanderinteresse hinaus ist der Berner Hang des Gemmipasses sowohl historisch als auch geologisch interessant.

Zunächst ist zu erwähnen, dass die Hauptroute (im historischen Sinne) die von der Gemmi absteigt, dem rechten Ufer des Daubensees folgt, seitlich die Winteregg überquert und schliesslich Kandersteg erreicht. Dennoch und trotz der Tatsache, dass dieser andere Weg erhebliche Abgründe aufweist, wurde der Weg ins Gasterntal auch schon seit der Antike genutzt. Er quert den Gurnigel, der auf modernen Karten als Durchgang in der Felswand unterhalb der Tatelishore markiert ist. Als Gurgnigel wurden jedoch im Mittelalter alle Weiden, auch jene der Spittelmatte, bezeichnet. Der Ortsname Spittelmatte (Hospizweide) deutet darauf hin, dass es dort einen Gasthof gegeben haben muss, der Reisende über die Gemmi willkommen hiess. Wenn keine Spur eines solchen Gebäudes gefunden wurde, liegt das daran, dass der Ort direkt unterhalb des Altels liegt, von dem aus es zu mehreren Stein- und Eisschläge kam.

Hervorzuheben ist auch eine interessante Tatsache: Die Kantonsgrenze folgt nicht dem Bergrücken des Gemmipasses, sondern liegt viel weiter unten auf Berner Seite. Dies erklärt die Tatsache, dass das Gasthaus Schwarenbach vollständig auf Walliser Boden liegt.

Um von der Gemmi aus über den Gurnigel ins Gasterntal zu gelangen, lohnt es sich, in dieses herrliche Alpental abzusteigen. Trotz seines wilden Aussehens war dieses Tal der Auslöser einer Tragödie, die sich beim Bohren des ersten Lötschbergtunnels zu Beginn des 20. Jahrhunderts ereignete. Tatsächlich glaubte man damals, dass man, sobald man mit dem Ausheben des Felsens in der Nähe von Kandersteg begann, im Muttergestein bleiben würden. Dabei wurde nicht berücksichtigt, dass die Talsohle des Gasterntals mit 200 m Wasser und Geröll gefüllt ist. Als die Arbeiter den Felsen durchbohrten, um ins Gasterntal zu gelangen, kam es zu einer Flut aus Geröll und Wasser, der die Arbeiter mit sich riss. Nach dieser Tragödie hatten sich in der Talsohle Einstürze gebildet und es wurden mehrere Lösungen geprüft, eine davon bestand darin, den Boden rund um den Tunnel einzufrieren, damit er sicher gebohrt werden konnte. Die Lösung bestand schliesslich darin, den Tunnel entlang des Gasterntals zu bohren, um es viel weiter flussaufwärts zu umgehen. Auf diese Weise können wir anhand der topografischen Karten erkennen, dass die Tunnelanfänge an den beiden Eingängen perfekt ausgerichtet sind, der Tunnel jedoch nach Osten ausweicht.

Hier folgten wir dem linken Ufer des Daubensees, der, auch wenn er nicht der historischen Route entspricht, deutlich weniger begangen ist. Am Ende des Daubensees finden wir den offiziellen Weg und es dauert nicht lange, bis man am Gasthof Schwarenbach vorbeikommt. Dieses Gasthaus ist Gegenstand einer Kurzgeschichte von Guy de Maupassant, die in einer Sammlung mit dem Titel „le Horla“ veröffentlicht wurde. Die Genauigkeit der Beschreibungen lässt darauf schliessen, dass de Maupassant die Gemmi überquerte und die Geschichte gehört hatte, die ihn zu seiner Kurzgeschichte inspirierte.

Nach dem Vorbeikommen von Schwarenbach dauert es nicht lange, bis man eine grosse Ebene, die Spittelmatte, erreicht. In dessen Nähe verläuft die Kantonsgrenze. Etwas weiter folgt man dem Schwarzbach und steigt über den Gurnigel ins Gasterntal ab. Dieser Ort ist der einzige, an dem ich Alpen-Akeleien sehen konnte. Doch war es zu spät in der Saison, um noch welche sehen zu können.

Unten im Gasterntal angekommen folgt man der Kander bis nach Kandersteg. Aufgrund der Hitze, die dann herrschte, hatte sich dieser Wildbach in tosendes Wasser verwandelt und die Umgebung erinnerte mich an Calames Gemälde „Gewitter auf der Handeck“.

Route: Gemmipass – linkes Daubenseeufer – Schwarenbach – Spittelmatte – Gurnigel – Chluse – Eggeschwand
Distanz: 14,5 km
Höhe: 160 m positiv/1305 m negativ
Dauer: 4h30

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